Der Bauernjunge und der Teufel - ein Märchen

Es war einmal ein Bauernjunge, der wurde von seinem Vater Tag für Tag aufs Feld geschickt. Die harte Arbeit verrichtete er, so gut er konnte.

Eines Tages sah er beim Graben ein glitzern und als er weiter grub, fand er einen Goldschatz in der Erde. Da niemand zugegen war, der einen Anspruch auf das Gold erhob, füllte er soviel davon in seinen Beutel, wie er tragen konnte und bedeckte die Stelle anschließend wieder mit Erde, so dass nichts mehr von dem Schatz zu sehen war. Die Stelle aber markierte er mit einem Zweig, damit er sie später wiederfinden könnte. Dann ging er mit dem Beutel voller Gold nach Hause, erzählte aber niemandem von seinem Fund.

Nicht lange danach nahm er Abschied von Vater und Mutter und machte sich auf, die Welt zu erkunden. Am Abend gelangte er zu einem Gasthaus und bat den Wirt um ein Nachtquartier. Der Wirt war misstrauisch und sagte: „Da könnte ja jeder kommen, zeig mir erst mal, ob du auch Geld hast". Der Jüngling holte einen großen Brocken Gold hervor, der den Preis für die Unterkunft bei weitem überstieg und der Wirt war zufrieden. Des Nachts, als der Jüngling schlief, dachte der Wirt: „Der hat Gold satt, da will ich mir meinen Anteil holen." Er schlich in die Kammer, fand den Beutel und tauschte die Goldstücke mit schwarzen Kohlen aus. Der Jüngling schlief und merkte nichts davon. Am anderen Morgen, als er in seinen Beutel griff um dem Wirt die Rechnung zu bezahlen, da fand er dort nur Kohle und der Wirt jagte ihn fort, wie einen Zechpreller und rief ihm noch nach, er solle sich nie wieder blicken lassen, sonst würde er ihn der Stadtwache übergeben.

Traurigen Herzens ging der Jüngling heim zu seinem Elternhaus. Am anderen Tag ging er wieder zu dem Feld, fand den Zweig, mit dem er die Stelle markiert hatte, grub und sah auch schon bald das funkelnde Gold. Als er gerade seinen Beutel damit füllen wollte, gab es plötzlich einen lauten Knall und der Teufel stand vor ihm und herrschte ihn an: „Habe ich dich, Dieb. Was stiehlst Du mein Gold. Schon neulich fehlte ein beachtlicher Teil. Zur Strafe sollst Du mir sieben Jahre zu Diensten sein."Der Jüngling aber hatte keine Angst vor dem Teufel und antwortete: „Pah, das könnte dir gefallen, altes Bocksbein. Aber so einfach kommst Du nicht an einen Diener. Den Schatz habe ich auf dem Acker meines Vaters gefunden und du warst nicht zur Stelle, um dein Eigentum zu beanspruchen. Eine Schuld habe ich nicht auf mich geladen." Der Teufel musste sich damit abfinden und sprach „Ach, die Teufelei bringt heute auch nichts mehr ein. Kaum einen Sünder gibt es noch zu überführen." Der Jüngling erwiderte: „Ich kenne sehr wohl einen Sünder, der eine Schuld auf sich geladen hat", und er erzählte dem Teufel von dem Wirt und dem Gold. Da sprach der Teufel: „Willst du mir helfen, den Sünder zu überführen, so soll es dein Schaden nicht sein." Der Jüngling willigte ein und der Teufel verschwand.

Am nächsten Tag trat der Jüngling wieder in das Wirtshaus und verlangte ein Bett für die Nacht. Er war aber vom Teufel in ein vornehmes Gewand gekleidet worden und trug einen Hut mit einer roten Feder, so dass der Wirt ihn nicht erkannte. Der ließ sich auch gar nicht erst das Geld zeigen, sondern dachte: „So ein vornehmer Herr, der wird schon gut bei Kasse sein." In der Nacht lag der Wirt wach in seinem Bett und dachte über seinen neuen Gast nach. „Bei so einem vornehmer Herren" , dachte er, " da ist bestimmt mehr zu holen, als die magere Zeche für die einen Nacht." Als Mitternacht vorüber war und er noch immer keinen Schlaf finden konnte, schlich der Wirt auf leisen Sohlen in die Kammer seines Gastes. Er sah ihn im Bette liegen und untersuchte heimlich sein Gepäck. Da fand er das Bündel des Jünglings in dem noch immer die Kohlen lagen, die er gegen das Gold ausgetauscht hatte. Er zog ein Stück Kohle hervor und es funkelte im Mondlicht, wie blankes Silber. Der Wirt nahm das Bündel und wollte sich gerade aus der Kammer stehlen, da gab es einen lauten Knall und der Teufel erschien und hielt ihn am Kragen fest. Da half kein Jammern und kein Klagen, denn die echten Sünder können dem Teufel nicht entkommen. So musste der Wirt mit dem Teufel gehen und ihm sieben Jahre zu Diensten sein.

Der Teufel sprach zu dem Jüngling: „Für deinen Dienst gewähre ich dir einen freien Wunsch. Entscheide aber weise, was du dir vom Teufel wünscht. Du brauchst deinen Wunsch auch nicht gleich zu tun. Warte lieber damit, bis du mich wirklich brauchst." Er gab dem Jüngling ein Pfeifchen und sagte: „Wenn du hineinbläst, so will ich erscheinen." Dann gab er ihm noch sein Gold zurück, denn Gold und Geld haben die Teufel reichlich. Danach verabschiedeten sie sich und der Teufel verschwand mit dem Wirt.

Nun machte der Jüngling sich auf den Weg, um die Welt zu erkunden. Nachts schlief er unter freiem Himmel denn die Nächte waren mild. Er aß, wenn er Hunger hatte und trank, wenn er durstig war. So wanderte er viele Tage und Wochen und fand Gefallen am freien Leben. Es wurde Herbst und es wurde Winter. Immer öfter kehrte er in kalten Nächten in Gasthäusern ein. Auf seiner Wanderschaft war er ohne es zu wissen, immer weiter auf die Hauptstadt des Königs zugegangen, zu der ja bekanntlich alle Wege im Lande führen. So wurden die Städte und Dörfer, durch die er kam, immer prunkvoller und die Preise, die in den Gasthäusern verlangt wurden, immer höher. Gerade, als er in der Hauptstadt angekommen war, hatte er sein letztes Gold verbraucht.

So klopfte er am Schloßtor an und fragte, ob man nicht Arbeit für ihn habe. Man nahm ihn für freie Kost als Küchenjunge auf und fortan musste er tagein tagaus Gemüse putzen, den Küchenboden schrubben und die Küchenabfälle fortbringen. Die anderen Angestellten gönnten ihm wenig Ruhe und schon bald sehnte er sich nach der Freiheit der Landstraße zurück.

Eines Tages zur Mittagszeit, als er gerade durch den Schloßhof lief, öffnete sich ein Fenster und er erblickte die Tochter des Königs. Sogleich wusste er, dass es diese war, die er lieben wollte und sonst keine. Jeden Mittag kehrte er nun in den Hof zurück und oft erschien sie am Fenster, aber sie sah ihn nie. Das glaubte er zumindest.

Nicht lange danach erklärte der König eines benachbarten Reiches dem Königreich den Krieg und alle Männer, die kämpfen konnten, wurden zu den Waffen gerufen um das Reich zu verteidigen. Der König ließ verkünden, dass derjenige, der den größten Beitrag zur Verteidigung des Reiches leisten werde, seine Tochter zur Frau bekommen solle. Darauf meldete sich der Jüngling freiwillig zum Soldatendienst, aber dort verspottete man ihn nur. Ein Küchenjunge sei wohl nicht zum Soldaten geeignet und er solle sich besser wieder an den Herd begeben. Betrübt ging er in ein nahe gelegenes Waldstück und blies in das Pfeifchen, das der Teufel ihm gegeben hatte. Sogleich erschien mit einem lauten Knall der Teufel und fragte, was er wolle. „Jetzt ist die Zeit, meinen Wunsch einzulösen," sagte der Jüngling. Er erzählte dem Teufel von der Königstochter und bat ihn, ihm zu helfen, sie für sich zu gewinnen. „Du wärest schlecht beraten, die Liebe mit Hilfe des Teufels zu gewinnen", erwiderte dieser. „Das kann kein gutes Ende nehmen. Du musst das Herz deiner Auserwählten allein gewinnen."Der Jüngling sah das ein, und verzichtete traurig auf die Dienste des Teufels. Weil er Mitleid mit ihm hatte, gab der Teufel ihm noch ein Hütchen mit auf den Weg und sprach: „Dieses Hütchen wird dich unsichtbar machen, für die Augen anderer Menschen." Dann verschwand der Teufel.

Als er wieder allein war, setzte der Jüngling das Hütchen auf und machte sich auf den Weg in das Lager des Feindes. Ungehindert gelangte er mitten in das Heerlager und betrat bei Anbruch der Nacht das Zelt des feindlichen Königs. Dieser saß gerade mit seinen Generälen zu Tisch und beriet mit ihnen über die Kriegsführung. Der Jüngling hörte ihnen eine Weile zu, dann ging er zum Tisch des Königs und zog ihm ohne bemerkt zu werden, einen goldenen Ring vom Finger. Danach machte er sich auf, ging zurück an den Königshof und versteckte den Ring unter seinem Strohsack.

Am anderen Tag setze er wieder sein Hütchen auf und ging erneut in das feindliche Lager. Dort herrschte bereits große Aufregung, denn es hatte sich bereits herumgesprochen, dass der goldene Ring vor den Augen aller Generäle dem König vom Finger gestohlen worden war. „Dieses Land muss mächtige Zauberer beherbergen, die so etwas fertig bringen", sagte man. Unbemerkt gelangte er abermals in das Zelt des Königs, nahm ihm ohne bemerkt zu werden die Krone vom Kopf und verschwand erneut, ohne dass ihn jemand aufhielt. Die Krone verbag er mit dem Ring in seiner Kammer.

Am nächsten Tag war die Aufruhr im Heerlager noch größer. „Dem König vor aller Augen die Krone vom Kopf zu stehlen, das kann nur ein wirklich gefährlicher Magier zu Stande bringen", so dachte man. Den feindliche König ärgerte der fehlende Mut seiner Soldaten. "Sollte das so weiter gehen, so werden sie noch fliehen, anstatt in die Schlacht zu ziehen", dachte er.

Der fremde König hatte in seinem Gefolge einen mächtigen Zauberer. Der wusste gleich, dass die Diebstähle nicht mit rechten Dingen zugehen konnten. Am folgenden Abend ließ er die Augen nicht vom König und plötzlich, als die Debatte hoch herging, sah er den Feldherrenstab sich wie von Geisterhand aus dem Zelt fortbewegen. Da sprang er hinzu, zog dem Jüngling das Hütchen vom Kopf und sprach sogleich einen Zauber über ihn. Da konnte er sich nicht mehr fortbewegen und wurde vor den fremden König geführt. Dieser sagte, sein Leben sei verwirkt. Er gebe ihm aber noch eine Chance. Wenn er ihm den goldenen Vogel bringe, den die Tochter des Königs dieses Landes in ihrer Kammer halte, dann solle er frei sein und auch der Krieg solle zu Ende sein, denn nur um den Vogel zu bekommen sei er hier und führe Krieg.

Der Jüngling willigte ein, ging zurück in den Wald und blies erneut in sein Pfeifchen. Der Teufel erschien und der Jüngling sagte: „Nun ist die Zeit, meinen Wunsch einzufordern. Beschaffe mir den Vogel, damit ich mich frei kaufen und den Krieg beenden kann." „Den kannst Du auch allein bekommen," sagte der Teufel. „Dafür brauchst du den Wunsch nicht zu vertun." Er führte den Jüngling zurück zum Schloß, wo der Vogel war. Der Zauberer des fremden Königs aber hatte die beiden heimlich belauscht und folgte ihnen. Der Teufel brachte den Jüngling auf geheimen Wegen vor die Kammer der Königstochter und sagte zu ihm: „Nun ist es an dir, den Vogel zu holen. Sei aber vorsichtig und ziehe unter keinen Umständen das Tuch vom Vogelkäfig herunter, nachdem die Sonne aufgegangen ist, sonst wird es dir schlecht ergehen."

Der Jüngling ging in die Kammer und sah den Vogelkäfig, der mit einem Tuch bedeckt war, auf dem Tisch stehen. Schnell nahm er ihn und wollte sich gerade auf den Rückweg machen, da sah er die Königstochter auf ihrem Lager liegen und weil sie so schön war, konnte er sich nicht von ihrem Anblick lösen und wurde erst gewahr, dass er fort musste, als sich bereits die ersten Sonnenstrahlen am Himmel zeigten. Schnell verließ er mit dem Vogelkäfig die Kammer. Der Zauberer aber, der vor der Kammertür auf ihn gewartet hatte, sprang hinzu und griff nach dem Käfig. Dabei zog er das Tuch herunter und der Vogel erblickte das Sonnenlicht. Da ließ der Vogel einen lauten Gesang ertönen, der im ganzen Schloß zu hören war. Sofort eilten Wachen herbei, nahmen den Jüngling gefangen und brachten ihn vor den König. Der Zauberer aber machte alle glauben, er selbst habe den Dieb vor der Kammer der Königstochter gestellt. Zum Dank erbat er sich den goldenen Vogel und der König gab ihn bereitwillig her.

Der Jüngling wurde in Ketten gelegt, in den Kerker geworfen und sollte am anderen Tag hingerichtet werden. Der Zauberer aber brachte den goldenen Vogel zu seinem König und dieser, als er seinen Herzenswunsch erfüllt sah, ließ sein Heer abziehen und der Krieg war beendet. Am anderen Tag kehrte der Zauberer an den Hof zurück und behauptete, er selbst habe die Feinde vertrieben. Und weil es so versprochen war, verlangte der Zauberer die Tochter des Königs zur Frau. Diese aber weigerte sich und sagte: „Ich werden nur einen heiraten und das ist der schöne Jüngling, den ich so viele Male im Hofe habe sitzen sehen, wenn ich aus dem Fenster geschaut habe." Sie hatte ihn nämlich doch bemerkt und auch ihr Herz schlug vom ersten Tage an nur für ihn. „Der wird dir kein guter Ehemann mehr sein", sagte der König. „Er wird soeben zum Schafott geführt."

Der ganze Hofstaat hatte sich zur Hinrichtung versammelt. Als der Richter, wie es Brauch ist, ihn fragte, ob er noch einen letzten Wunsch habe, da antwortete er, er wolle nur noch ein letztes Mal in sein Pfeifchen blasen. Der Wunsch wurde ihm gewährt. Als er aber den ersten Ton hervorbrachte, erschien mit lautem Knall abermals der Teufel. „Jetzt ist die Zeit für deinen Wunsch wohl gekommen", sagte er. „So hilf mir," bat der Jüngling, „dass mir der Kopf auf dem Hals bleibt." Der Teufel packte den Zauberer und nahm ihn mit sich fort und er musste ihm sieben mal sieben Jahre zu Diensten sein.

Und sogleich fiel die Verblendung vom König und dem Hofstaat ab. Der Jüngling aber berichtete, wie alles gekommen war und brachte zum Beweis auch den Ring, die Krone und den Stab herbei. Da sagte der König, dass wohl er es war, der das Reich vom Krieg befreit habe. Die Hochzeit des Jünglings mit der Königstochter wurde kurz darauf gefeiert und sie lebten lange und glücklich zusammen.

Als aber die sieben Jahre vorbei waren, die der diebische Wirt dem Teufel zu Diensten sein musste, da durfte er auf die Erde zurückkehren. Aber die Welt hatte sich verändert und er kannte sich kaum noch aus. Ohne Weg und Ziel zog er umher und kam eines Tages an den Hof, an dem der Jüngling nun selbst König geworden war, denn der alte König war inzwischen verstorben. Da nahm er ihn an seinem Hof auf, gab ihm Arbeit und Brot, denn alle üblen Taten müssen irgendwann vergeben und vergessen werden. (Michael Baumeister, Mai 2015)

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